Erziehung ist ein Arschloch

Erziehung ist ein Arschloch. Ganz klar irgendwie notwendig aber ein Arschloch. Egal wie man es nun nennen mag, ob es als liebevolles begleiten, als Grenzen aufzeigen oder eben als Erziehung deklariert wird. Es ist und bleibt scheiße. Als Mutter bekommt man gefühlt von heute auf morgen einen kleinen Wutzwerg dahin gestellt und soll nun das Kind auf das Leben vorbereiten. Man soll ihm die Chance geben  sich zu entwickeln, die Freiheit lassen sich selber zu verwirklichen und gleichzeitig auf das Leben, welches nun einmal gewisse Regeln beinhaltet, vorbereiten. Also eigentlich ein völlig aussichtsloser Job.

 

Es gibt ja 100 unterschiedliche Erziehungsstile inklusive überteuerten Ratgebern und wer mir schon länger auf Instagram folgt, der weiß das ich selber ein kleiner Erziehungsratgeberkonsumjunkie war. Ich wollte einfach alles richtig machen. Wollte eben alle oben genannten Punkte auf sie übertragen. Ich wollte dass sie in 30 Jahren vor mir sitzen mit ihrem Kind auf dem Schoss und mir sagen, dass sie eine wundervolle Kindheit hatten. Dass sie jetzt glücklich ist, aufgrund der Wurzeln die ich ihnen mitgegeben habe. Dass ich ihnen trotzdem genug Freiheiten gelassen habe, damit sie sich eben selber verwirklichen können. Ich will dass sie alle starke, unabhängige und vor allen Dingen zufriedene Menschen werden. Ohne Hass und Groll gegen sich selbst oder andere. So nun zu meinem mehr oder minder kleinen Problem. Wie stellt man so etwas an ? Ich meine, wie soll man so etwas umsetzen? Zu jedem Erziehungsstil gibt es nämlich mindestens 1 renommierten Herr Dr. Dr. von und zu Kinderpsychologe der sagt, dass das Kind dadurch bestimmt später drogenabhängig, voller Hass gegen sich und die Welt im Knast sitzt und sich wünscht andere Eltern gehabt zu haben. Und Ich glaube das ist der Knackpunkt. Es gibt kein richtig und kein Falsch und das macht unsicher.

 

Ich, wie wahrscheinlich viele von euch auch, sind es aus dem Arbeitsleben so gewohnt. Man arbeitet  und bekommt relativ zeitnah das gewünschte Ergebnis. Und nach diesem Ergebnis streben wir alle. Ob es nun das Kompliment ist, weil wir 5 kg abgenommen haben, das Lob vom Chef für die gute Präsentation oder die Pralinen vom Patienten. Wir alle wollen und brauchen so etwas. Das macht unsere Gesellschaft aus. Das ist der Grund warum wir jeden Tag eben das tun was wir tun. Und jetzt sitzen wir hier, sind Eltern, haben alles getan nach dieser Methode, die wir quasi verinnerlicht haben, weil wir es für den richtigen Weg hielten. Und was passiert ? Nichts rein gar nichts. Kein Lob, keine Pralinen, nicht Mal eine popelige Flasche Sekt, mit der uns jemand beglückwünscht was für eine tolle Mutter/ toller Vater wir doch sind. Das macht unsicher, es frustriert und lässt uns zweifeln. Und das ist übrigens auch der Grund warum so viele Mütter untereinander und gegeneinander hetzten und kämpfen. Sie sind unsicher, genauso wie du oder ich. Denn wenn sie es nicht wären, würden sie sich bei einer anderen Meinung oder Lebensweise eben nicht direkt angegriffen fühlen und einen irgendwie rekrutieren wollen. Zumindest hat man das Gefühl das es so ist. Mir geht es da nicht anders.  

 

Aber ich schweife ab. Der Knackpunkt. Irgendwann kam ich mit dieser Erziehungsmethode einfach nicht mehr weiter. Meine Kinder wirkten zusehends unglücklicher, die Wut und Machtkämpfe arteten immer weiter aus und nahmen irgendwann Formen an, die einfach als Familie für uns nicht mehr tragbar waren. Ich habe mir also Hilfe gesucht. Ich wollte, dass mir jemand genau sagt was ich machen soll. Wie ich handeln muss. Ich wollte eine Checkliste, die ich abarbeiten kann, um dann zu wissen, dass ich alles richtig gemacht habe.  Als ich ihm dann erzählt habe worum es mir geht und was meiner Ansicht nach bei uns schief läuft, schaute er mich einfach nur an. Ich hatte Tränen in den Augen vor lauter Verzweiflung, vor Angst jetzt zu hören, dass ich mein Kind verzogen habe. Und es jetzt wohl für alles zu spät ist. Aus Angst, dass er mir sagt ich wäre eine grausame Mutter und meine Kinder hätten etwas besseres verdient.

Das hat er natürlich nicht, dennoch haben wir lange gesprochen. Über die Anforderungen zum Beispiel, die einem heute als Mutter gestellt werden. Und welchen Einfluss eben dieses Internet hat und wie viel es dabei an Bauchgefühl zerstören kann. Wenn ich beispielsweise Facebook öffne, kommen erst einmal 117 Anzeigen von Mamiseiten in denen haarklein beschrieben wird,warum Sonnencreme tödlich ist, dass ein Kind niemals bei den Eltern im Bett schlafen sollte und wie sich ein Kind beim spielen am Strand verbannt hat, weil es keine Sonnencreme benutzte. Alleine in den ganzen Foren gibt es unzählige Threads zu den unterschiedlichen Erziehungsformen und was man besser tun und lassen sollte. Das übt, wenn auch unterbewusst einen immensen Druck aus. Dieser wird natürlich durch die anderen "realen" Spielplatzmami`s begünstigt, die auch auf einer Art Rekrutierungsmission sind, um möglichst viele Anhänger von ihrer einzig richtigen Methode zu überzeugen. Wer hat nicht schon einmal einen Artikel oder die Überschrift gelesen und sich gedacht : Shit, das habe ich letzte Woche erst genauso gemacht. Oder von einer Mutter- der Tante- der Cousine, bei der eben genau durch so etwas, was schlimmes passiert ist.

 

Kindererziehung sollte aber Intuition sein, ein Gefühl zwischen den Eltern und deren Kindern. Es sollte sich in erster Linie gut anfühlen, egal was Mama187 in dem 17 Kommentar zu diesem Thema sagt. Denn diese Mutter hat aller Wahrscheinlichkeit nach nicht die gleichen Kinder. Es sind Kinder mit anderen Bedürfnissen und Voraussetzungen, Familien mit eben anderen Moral- und Wertvorstellungen. Allein zwischen Geschwistern herrscht da ein immenser Unterschied. Denn was bei Kind 1 klappt, muss bei Kind 2 noch lange nicht funktionieren. Und trotzdem bleibt doch irgendwie, auch beim Überlesen, immer ein kleiner Teil hängen. Ein Teil der dafür sorgt, dass uns das letzte bisschen Selbstbewusstsein aus den Händen gerissen wird, nachdem uns ja sowieso schon die Dankespralinen und der Sekt fehlen. Ich habe lange über dieses Gespräch nachdenken müssen, denn eigentlich war ich ja überzeugt von dieser Methode. Nach langen Nächten, vielen Tränen und noch mehr Wein, habe ich mich dann mal auf die Suche gemacht nach dieser inneren Stimme, eben dieser Intuition.

 

Also habe ich ab diesem Tag an angefangen nein zu sagen, wenn es meine Überzeugung war. Ich habe sie laufen lassen wenn es sich richtig anfühlte. Und ja ich lies sie auch Mal knatschen. Und das alles bis heute. Ohne im ersten Moment große Gedanken darüber zu verschwenden, ob das jetzt richtig oder falsch ist. Jeden Tag treffe ich Entscheidungen, es gibt Freiheiten,  genauso wie es Konsequenzen gibt. Und das fühlt sich gut an. Natürlich zweifel ich auch heute noch oft. Mache Fehler und muss mir am Ende des Tages eingestehen, dass ich in einigen Situationen hätte besser handeln können.  Aber ganz klar kann ich sagen, dass meine Kinder regeln brauchen.Sie werden sonst frustriert und unsicher. Sie können mit der Freiheit noch nicht umgehen, zu viele Alternativen schränken sie ein. Sie brauchen feste Strukturen und klare Regeln. Und das lebe ich. Egal ob mir Erziehungsratgeber Nr. 1 die Stille Treppe oder Nr. 2 lass sie Mal machen vorschlägt. Ich mache es so wie mein Gefühl es mir sagt und siehe da, es klappt immer besser. Und in anderen Familien klappt das mit den Freiheiten wieder rum gut oder mit der autoritären Erziehung. Oder eben wie bei uns ein Mix aus allem.

 

Was ich damit sagen will ist, liebe Mamas hört auf euch. Es gibt kein richtig oder falsch. Es gibt keinen 100 prozentigen "Stil",  nachdem man gehen kann. Jede Situation und jedes Kind braucht ein intuitives und überdachtes anderes Verhalten. Damit meine ich übrigens nicht das Kind zu verprügeln, wenn einem danach ist. Natürlich sollte man sich insgesamt selber reflektieren und auch darüber nachdenken, warum man eben so gehandelt hat. Impulskontrolle finde ich auch sehr wichtig für sich und für die Kinder. Hört auf diese kleine innere Stimme,  die euch sagt was richtig ist. Überlegt, ob eure Handlung danach, für euch in die richtige Richtung gehen. Und wenn ihr heute so entscheidet und morgen anders. Dann ist das so. Weil nur ihr eure Kinder kennt. Und ihr alle Tag für Tag einen tollen Job macht. Es macht keinen Sinn unbedingt etwas anwenden zu wollen, wenn das Gefühle einem etwas anderes sagt.

 

Und vielleicht werde ich in 30 Jahren meine Töchter im Knast besuchen. Vielleicht aber auch nicht. Ich Kann es euch nicht sagen. Ich weiß nur das es sich jetzt richtig anfühlt. Und wenn es sich so anfühlt kann es doch eigentlich nicht falsch sein oder ? 

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Kommentare: 1
  • #1

    Mama Bea (Freitag, 18 August 2017 11:57)

    Meine Kinder sind ja - wie Du schon weißt -etwas größer wie Deine, aber ich kenne Deine Unsicherheit. Erstrecht, wenn man ganz viele Klugscheißermamas um sich hat, virtuell und real. Ich hab auch so Einiges versucht, bin an meine Grenzen gestoßen, hab unglaublich viele Fehler gemacht. "Kinder brauchen Eltern, die täglich viele Fehler machen und keine Lust haben, perfekt zu sein." Jesper Juul. Das hat mir weitergeholfen, eine gewisse Lässigkeit zu erreichen. Mein Großer ist ja krank, wie Du weißt, bei ihm bringen die meisten Erziehungstipps nix. Ich hatte ein Elterntraining - Du hättest dabei sein müssen! Denn - ich hab die anderen geschult! Anscheinend mach ich so einiges richtig! Also, Liebes: Handle nach Deinem Bauch, keine Angst vor Fehlern, und wenn sie groß sind, besuchen wir sie gemeinsam im Knast. Du weißt, wie ich das meine...
    Sei lieb gegrüßt, Mama Bea