Das Internet sagt . . .

Das Internet sagt,dass ich ein schlechter Mensch bin, weil ich meinem Kind manchmal sage, dass der Spielplatz zu hat und das Fernsehen schläft. Weil ich an diesem Tag schon 500 Wutanfälle begleitet und durch gestanden habe und um 19 Uhr zu geschafft und müde für das Finale bin.

Das Internet sagt, dass ich eine miserable Mutter bin, weil sie um 19 Uhr ins Bett gehen und ich dann die Zeit mit mir genieße. Weil sie nicht "selbstbestimmt" bis 23 Uhr mit mir wach bleiben und morgens mit mir auf stehen. Weil ich weiß, dass es morgens einen Kampf der Superlative geben wird, wenn sie in den Kindergarten sollen. Und weil mir, meiner Meinung nach, diese 2 Stunden zustehen. 2 Stunden um in Ruhe die Wäsche zu falten.

Das Internet sagt, dass ich meine Kinder nicht als gleichwertige Menschen ansehe, weil es bei uns Regeln gibt. Zwar nicht viele, aber solche wie: Schlag deine Schwester nicht, spuck nicht auf die Straße und hör auf die anderen Leute Arschloch zu nennen. Essentielle Regeln, die meiner Meinung nach zum Zusammenleben dazu gehören, damit eine Gesellschaft eben funktioniert.

Das Internet sagt, ich vernachlässige meine Kinder. Weil sie sich manchmal 15 Minuten alleine beschäftigen sollen, wenn ich die Wäsche machen muss. Weil eben keiner mehr was zum Anziehen hat. Weil letzte Woche alle Magen Darm hatten und ich seit 3 Tagen meine Hose mit Feuchttüchern reinige.

Das Internet sagt, dass ich bin faul und unorganisiert bin, weil ich immer 5 Minuten zu spät komme und schon einige Termine versäumt habe. Weil wir verschlafen und ich es morgens nicht mehr schaffe alle rechtzeitig fertig zu bekommen. Weil die Große manchmal eine Bifi mit in die Kita bekommt und die Brote zu 99 % nicht in wunderhübsche Tiere verwandelt worden sind.

Das Internet sagt, dass ich die Bedürfnisse meiner Kinder nicht respektiere, weil ich 100000 Kreuze gemacht habe, als sie in ihrem eigenen Bett geschlafen haben. Weil ich nicht stillen konnte aus diversen Gründen. Weil ich sie manchmal im Winter bei -18 Grad zwinge eine Winterjacke zu tragen und ich der Meinung bin, dass Gummistiefel bei 40 Grad eben doch nicht so angebracht sind. 

Das Internet sagt, dass ich ein psychisch labiler Mensch bin, der dringend an sich arbeiten sollte. Weil ich meine Kinder schon einmal angeschrien habe. Weil ich auf der Toilette manchmal weinend zusammensacke, während sie Kika schauen. Weil ich manchmal einfach nicht mehr kann und will. Weil sie mir manchmal den letzten Nerv rauben.

Das Internet sagt ich bin eine Antifeministin, weil ich nach 1, 5 Jahren seit, also seit der letzten Geburt,  immer noch nicht wieder arbeiten gehe. Weil ich eine Hausfrau und Mutter bin. Weil sich mein Leben hauptsächlich um meine Kinder dreht und ich das gut finde. Weil der Mann bei uns das Geld verdient und ich das Essen koche. 

Das Internet sagt, ich lasse meine Kinder im Stich, wenn ich wieder arbeiten gehe. Was ich auch wieder möchte und plane im nächsten Jahr. Weil sie dann 35 Stunden in die Kita kommen. Weil ich es dann eben nicht mehr jeden Tag auf den Spielplatz schaffe und auch nicht zu jeder Elternbeiratssitzung. Weil sie dann auch mit dem Papa Zuhause bleiben müssen wenn sie krank sind und meine Kinderkrankentage aufgebraucht sind. 

Das Internet sagt, dass ich meine Kinder nicht lieben würde. Weil ich manchmal genervt bin, wenn sie das 500. Mal wegen "Nichts" schreien. Weil mein Mann und ich uns eine High Five geben, wenn die Meute im Bett liegt oder ich mich einfach weigere das 400 Mal Pferdchen mit ihr zu spielen. 

Und manchmal zermürbt mich das. Es macht mich müde uns raubt mir die Kraft. Auch wenn ich weiß, dass das Internet einen scheiß weiß, mich und meine Familie nicht kennt, macht es mich nachdenklich. So, wie wahrscheinlich viele von uns, liege ich abends im Bett und denke darüber nach. Vielleicht sollte ich wirklich mal was anderes probieren, es irgendwie anders - besser - machen. Andererseits finde ich es toll morgens um 5 Uhr nach Frühstücksideen zu googeln oder mir einfach mit einem Klick ein paar Geburtstagsgeschenke im Netz kaufen zu können. Das Internet bietet so unglaublich viele tolle Möglichkeiten, aber eben auch viele Gefahren. Es zeigt uns jeden Tag mindestens 1000 Personen, die das alles mit dem Leben und dem Erziehen besser hinbekommen als wir selber. Augenscheinlich, denn hinter der Fassade sieht das ganze meist nicht mehr so glänzend aus. Und das muss man sich immer vor Augen halten. Wir geben Tag für Tag unser Bestes, egal ob Hausfrau123 sagt, dass wir unsere Kinder verziehen oder die Brigitte weiß, dass unser Mann fremd geht.

Denn weißt du was Internet, meine Tochter sagt mir jeden Abend das sie mich liebt hat. Wir lieben es zusammen zu kuscheln und hüpfen alle 5 am liebsten auf den Sofakissen auf dem Boden herum. Manchmal bauen wir uns eine Höhle und essen darunter Salami aus der Verpackung und ich höre sie lachen. Ich sehe, dass sie glücklich sind. Natürlich könnte es besser laufen, das kann es bei jedem. Aber sie sind glücklich, sie spielen ausgelassen, tanzen im Regen und schmeißen sich danach mit der weißen Hose in die Matschepfütze. Ihnen ist es egal, wie viel mal die Woche ich den Boden staubsauge oder ob es das dritte mal Fertigpizza zum Abendessen gibt, denn sie wissen, dass ich sie liebe. Und das von ganzem Herzen. Und obwohl ich Fehler mache liebes Internet, lieben sie mich auch. Und das ist alles was zählt.